Schön, daß sie da sind
»Schön, daß Sie da sind!« sagt man gerne, wenn »Schön, daß Sie hier sind!« entschieden zu kurz greift, weil nur wenige dort sind, wo veranstaltet wird, was ein Millionenpublikum von fern verfolgt. Neu daran ist vielleicht die Lässigkeit, mit der die Wohlfühlformel vorgetragen wird, die bei jeder schwach besuchten Matinee eher am Platz ist als sonntags abends im Ersten. Aber grundsätzlich betrachtet ist die vorgetäuschte Nähe medialer Ansprache nicht neu. Jedes Editorial, das Sie, liebe Leserinnen und Leser, anspricht, zehrt von der Einbildung, daß uns nahe ist, wer uns liest.
»Einfach köstlich!« – Zuweilen erreicht uns dann doch eine Rückmeldung, sei es, daß wir rezensiert werden, sei es, daß ein Abonnement gekündigt wird. Doch die divergierenden Urteile darüber, welche Beiträge in einem einzelnen Heft für schätzenswert, welche für entbehrlich, welche gar für ärgerlich gehalten werden, dürfen der Redaktion nicht zu nahe gehen, wenn das Ziel ist, ein Forum für kontroverse Auffassungen zu sein, die zuweilen eben auch in kontroversen Ausdrucksformen vorgetragen werden. Vielfalt nicht nur im Inhaltlichen, sondern auch in den Formen bietet auch das vorliegende Heft, dessen umfangreichste Beiträge – der Kunsthistorikerin Sabine Graf über die Villa Obenauer und des schreibenden Juristen Hans Gerhard über die laufende Theatersaison – im Ton kaum unterschiedlicher sein könnten. Auch im Rezensionsteil findet sich neben Kritiken der eher darstellend-beschreibenden Art eine harsche Unmutsäußerung, die in dieser Form in diesem Land andernorts wohl nicht abgedruckt werden könnte.
»Raum für Freiraum« klagt unser Autor Julian Bernstein ein, und er kontrastiert das Privatprojekt Kunst-Silo am Yachthafen mit den Negativbeispielen Stadtbad und Alte Feuerwache, bei denen er kommunalpolitische Beschränktheit konstatiert. »Freiheit wozu?« nörgelt dagegen die andere Seite, wenn ihr nicht paßt, daß einem nicht paßt, was die Mehrheit passend findet. Und stets gilt, daß die Freiheit des Andersdenkenden eines Mediums bedarf, in dem der anders Denkende seine Auffassungen publik machen kann. Das Beispiel der Saarbrücker Hefte zeigt übrigens eindrücklich, daß die Dinge oft komplizierter liegen, als Bernsteins Beitrag vermuten lassen könnte. Es war eine bittere Erfahrung, als der Stadtrat unserer Zeitschrift die regelmäßige Unterstützung durch einen Druckkostenzuschuß aufkündigte. Dennoch – oder vielleicht auch: deswegen? – können wir über mangelnde Unterstützung nicht klagen.
An dieser Stelle möchten wir uns bei allen bedanken, die das Erscheinen der Saarbrücker Hefte möglich machen. Wir würden uns freuen, wenn wir viele von ihnen/Ihnen begrüßen könnten bei der Vorstellung dieses Hefts im Saarländischen Künstlerhaus. Auch hätten wir nichts dagegen, wenn die eine oder der andere in Anlehnung an den zum Überdruß plakatierten Ausdruck saarländischer Freude aufmunternd zu uns sagen würde: »Schön, daß sie da sind. Es leben die Saarbrücker Hefte!«
Herbert Wender
Georg Bense, geb. in Köln, aufgewachsen in Stuttgart, Fernsehjournalist, Autor, Regisseur und Kameramann zahlreicher Filme für ARD, ZDF und arte.
Julian Bernstein, geb. 1981, lebt in Saarbrücken. Seit 2003 Magisterstudium der französischen Kulturwissenschaften und interkulturellen Kommunikation, der Geschichte und der französischen Literatur. Seit 2007 Veröffentlichungen in der Berliner Wochenzeitung Jungle World.
Michael Braun, geb. 1958, lebt als Literaturkritiker in Heidelberg. Essays und Rezensionen in Sprache im technischen Zeitalter, Neue Zürcher Zeitung, Tagesspiegel und Frankfurter Rundschau. Veröffentlichte zuletzt Der zertrümmerte Orpheus. Über Dichtung, Heidelberg 2002, und Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Heidelberg 2007.
Dirk Bubel, siehe Heft 85, 2001.
Wilfried Busemann, Historiker, im Ruhrgebiet aufgewachsen, Veröffentlichungen zur Geschichte rheinischer und saarländischer Arbeiterbewegungen, zur Alltagsgeschichte und zur Entschädigung saarländischer NS-Opfer.
Marlen Dittmann, geb. 1940 in Kiel, Studium der Architektur, Tätigkeit als Stadtplanerin in Aachen. Seit 1977 in Saarbrücken. Mitglied im Landesdenkmalrat und Städtebaurat der Landeshauptstadt Saarbrücken, Vorsitzende des Deutschen Werkbundes Saarland.
Hans Emmerling, freier Mitarbeiter von SR und NDR, TV-Porträts u. a. von Raymond Aron, Joseph Beuys, Gisèle Freund, Artur Rubinstein, Dokumentarfilme über Futurismus, europäische Länder, Marokko und Israel, mehrfacher Grimme-Preisträger.
Wolfgang Felk, geb. 1948, Kulturjournalist, Fernsehautor und Regisseur beim Saarländischen Rundfunk, zuletzt tätig für die Serien Reisewege, Fahr mal hin und Schätze des Landes. Autor der Reiseführer Dumont-direkt Saarland, Marco-Polo Luxemburg und Mitautor der SR-3-Reihe Tour de Kultur.
Hans Gerhard, geb. 1973 in Braunschweig, lebt in Saarbrücken. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt kritisiert er literarische Texte und schreibt selbst, zuletzt die Erzählung Wagga-Wagga in der Literaturzeitschrift Streckenläufer.
Sabine Graf, Dr., geb. 1962 in Zweibrücken, Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie an der Universität des Saarlandes, Promotion über den Schriftsteller Otto Flake und dessen publizistisches Werk zwischen Selbstverständigung und Selbstinszenierung. Arbeitet als Autorin und Kunstkritikerin.
Joachim Heinz, geb. 1952, Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und Jura in Saarbrücken, seit 1990 im Ministerium für Umwelt des Saarlandes beschäftigt, zuvor freiberuflich in der politischen Bildungsarbeit tätig. Veröffentlichungen zur Geschichte des Saarlandes und der saarländischen Arbeiterbewegung.
Roman Hillmann, Dr., geb. 1970 in Hamburg, Architekturhistoriker, Studium der Klassischen Archäologie, Kunstgeschichte und Denkmalpflege in Berlin, Promotion 2007 über Ästhetik und Wahrnehmung der westdeutschen Architektur der 1950er Jahre. Z. Zt. Lehr- und Forschungsauftrag der Technischen Universität Berlin.
Hans Horch, Dr., siehe Heft 61/62, 1989.
Sebastian Klöckner, geb. 1975 in Mainz, Redakteur der Saarbrücker Zeitung. Lebt in Saarbrücken.
Karsten Neuschwender, geb. 1970, Studium der Musikwissenschaft und Germanistik an der Universität des Saarlandes und der Università degli Studi di Bergamo; Volontariat bei Printmedien; journalistische Tätigkeit u. a. für Saarbrücker Zeitung, taz, Berliner Tagesspiegel; z. Zt. hauptberuflich tätig für den Kulturspiegel im SR-Fernsehen Südwest.
Anke Schaefer, geb. 1970, Studium Diplomstudiengang Kulturwirt, Sprachen-, Wirtschafts- und Kulturraumstudien in Passau, seit 1998 Rundfunkjournalistin.
Herbert Temmes, siehe Heft 98, 2007.
Herbert Wender, Dr., siehe Heft 96, 2006.
Cornelia Zelinsky-Wibbelt, Dr. phil. habil., Privatdozentin für Englische Sprachwissenschaft, zahlreiche Publikationen zur Computerlinguistik sowie zur Englischen und Vergleichenden Sprachwissenschaft, Hochschuldozentin und Gastprofessorin in Hannover, Bonn, Wien, Saarbrücken, Metz. Freiberufliche Beraterin für wissenschaftliches und akademisches Schreiben und Reden.